In den Gitarrentests, die man in Gitarrenzeitschriften findet, werden die für die verschiedenen Teile der Gitarren verwendeten Hölzer akribisch aufgelistet. Auch diverse Konstruktionsmerkmale, die der Gitarrenbaumeister zusammengestellt hat, werden im Detail erläutert. Sicher haben die Hölzer und auch die Konstruktionsmerkmale einen Einfluss auf den Klang der Gitarre. Aber was bewirkt mehr? Kann eine super Konstruktion aus beliebigen Hölzern eine hervorragende Gitarre schaffen?
„In den 1850er Jahren baute der berühmte spanische Instrumentenmacher Antonio de Torres eine Gitarre mit Boden und Zargen aus Pappmaché, um zu demonstrieren, dass ein kundiger Handwerker aus allem eine gute Gitarre zaubern kann. 1998 stellte Bob Taylor denselben Punkt unter Beweis, indem er aus höchst ungewöhnlichen Zutaten eine wohlklingende Gitarre schuf: Für Boden und die Zargen nahm er eine Versandpalette aus Eichenholz, die auf einem Verladedock gefunden hatte, und für die Decke ein von einem Bauprojekt übrig gebliebenes Vierkantholz aus Kiefer“ (Teja Gerken u.a., 2003, S. 223).
Bleibt festzuhalten, dass Bob Taylor für die Decke doch ein Holz gewählt hat, das Merkmale hat, die üblichen Deckenhölzern nahe kommen: eine hohe Festigkeit längs zu Faser und eine geringe quer zur Faser.
Dass verschiedene Hölzer, auch wenn sie gleich geformt sind, unterschiedlich klingen, ist unbestritten und leicht überprüfbar. Ebenso ist sicher, dass durch die Variation von Konstruktionsmerkmalen, wie der Größe des Korpus oder unterschiedliche Beleistungen der Decke bei sonst identischen Gitarren, unterschiedlich klingende Instrumente entstehen.
Die verwendeten Materialien wie auch die Konstruktion tragen zum entstehenden Klang der Gitarre bei. Ihr Klang ist aber ein Ergebnis des komplexen Zusammenwirkens von allen Materialien und Konstruktionsmerkmalen jeder einzelnen Gitarre.
Als Konsequenz aus diesen Überlegungen ist naheliegend, dass man für die authentische Aufführung von historischer Gitarrenmusik Instrumente wählen sollte, die den Instrumenten in Form und Materialen nahe kommen, für die oder auf denen die Stücke komponiert wurden. …auch wenn die alten Kompositionen auf zeitgenössischen Gitarren gut Klingen, wie beispielsweise das Potpourri eines Bourrées von J. S. Bach auf einer Stahlsaitengitarre, gespielt von Klaus Weiland , der auch noch gleich zwei unterschiedliche Rhythmen demonstriert.