Der Prototyp 1 der Replik der Gitarre von Nicolas Chappuy von 1774 weicht in einigen Aspekten von den in den Plänen und der Gitarrenbeschreibung wiedergegebenen Eigenschaften ab. Sie hat die folgenden Merkmale:
- Mensur: 650 mm (Abweichung vom Original: Mensur 645 mm)
- Halsbreite am Sattel: 50 mm
- Saitenabstand am Sattel: 8,5 mm
- Halsbreite beim 12ten Bund: 58 mm
- Saitenabstand am 12ten Bund: 10,5 mm
- Anzahl Bünde: 12 volle, 17 für E1, 16 für E1 und H2, 15 für E1, H2, G3, 14 für E1, H2, G3, D4, 13 für E1, H2, G3, D5, A5.
- Decke: Fichte (Picea abis) A-Qualität, massiv
- Boden und Zargen: Mahagoni, massiv
- Beleistung: Leiterbeleistung, Fichte, stehende Jahresringe
- Randeinlagen: Ahorn schwarz/weiß/schwarz, Perlmutimitat, Ahorn s/w/s, ABS Kunststoff, schwarz
- Rosette: Ahorn s/w/s, Perlmutimitat, Ahorn s/w/s, Perlmutimitat, Ahorn s/w/s, Ebenholz
- Hals: Mahagoni (Khaya ivorensis), massiv, nicht gesperrt
- Griffbrett: Ebenholz
- Kopfplatte: Ebenholz
- Steg: Ebenholz
- Stegeinlagen: Knochen
- Sattel: Knochen
- Mechaniken: Konische Wirbel aus Ebenholz
- Gewicht: 1064 Gramm
Mehr Details gibt es im ausklappbaren Akkordeon unterhalb des Bildes.
Der Korpus wurde in der deutschen Bauweise hergestellt. Es wurden also der Hals und der Korpus separat weitgehend fertiggestellt. Dann wurden Hals und Korpus mit einer Nut-/Federverbindung miteinander verleimt. Die Gitarrendecke ragt über den Korpus hinaus. Verleimt wurden also die überstehende Deckenlasche, die Korpusaußenseite und die Feder mit dem Hals.
In den Plänen für die Gitarre ist die Hals-Korpus-Verbindung nicht detailliert beschrieben. Es ist keine Nut-Federverbindung erkennbar, zu der ich mich aus Festigkeitsgründen dennoch entschieden habe. Die Länge habe ich frei gewählt und die Lage, in der Nähe des Bodens, habe ich gewählt, weil so ein größeres Drehmoment aus der Saitenspannung aufgenommen werden kann. Das Korpusinnere ist im folgenden Bild erkennbar:
So sah die Gitarre ohne Steg aus:
Die Gitarrendecke besteht aus massiver Fichte in einfacher A Qualität. Vier relativ stabile Bälkchen bilden die Leiter-Beleistung, etwa in der Stärke und Lage, die in den Plänen angegeben sind:
Die Pläne aus dem Museum dokumentieren auch spätere Reparaturen. Um Rissen in der Decke vorzubeugen und die Statik zu stabilisieren, habe ich schmale Fichtenholzstreifen auf die Nahtstelle der zusammengefügten Deckenhälften geleimt und eine Unterfütterung unter den Steg.
In das Schallloch habe ich, entsprechend der Pläne, einen Ebenholzring eingelegt.
Der Boden und die Zargen bestehen aus massivem Mahagoni.
Der Boden ist aus zwei spiegelbildlichen Hälften zusammengesetzt und hat einen gewölbten Fugenstreifen aus Fichtenholz aufgeleimt bekommen, der durch drei stabilere Statikbalken unterbrochen wird.
Die Zargen wurden wurden in der Dampf-Kiste feucht erhitzt und auf der Form gebogen. Nach dem Trocknen wurden sie auf die Decke geleimt, es wurden Stützkonsolen auf die Enden der Decken-Statikbalken und an die Zargen geleimt und Reifchen in den Winkel zwischen Decke und Zarge geleimt. An den anderen Rand der Zargen wurden Reifchen geleimt, leicht gewölbt eingeschliffen mit Aussparungen für die Statik Balken des Bodens versehen, so das der leicht gewölbte Boden aufgeleimt werden konnte.
Als Randeinlagen habe ich bei diesem Prototyp für die Decke (von innen nach außen) einen schwarz-weiß-schwarz (s/w/s) eingefärbten Zierspan aus Ahorn, einen Perlmuttimitat-Streifen, einen s/w/s eingefärbten Zierspan aus Ahorn und einen schwarzen ABS-Kunststoff als Kantenstoßschutz gewählt.
Dazu waren die passenden Nuten an den Rand Decke/Zarge mit der Oberfräse zu fräsen und teilweise mit dem Messer und Stecheisen auszunehmen.
Die Rosette für das Schallloch besteht von außen nach innen aus Ahorn s/w/s, Perlmuttimitat, Ahorn s/w/s, Perlmuttimitat, Ahorn s/w/s und einem Ebenholzring, die alle gemeinsam in die von mir mit der Oberfräse in die Decke gefräste Rinne eingeleimt wurden.
Schwierig zu bändigen und war das Auffedern der Enden der jeweiligen Einlegestreifen. Das Ergebnis ist für mich nicht zufriedenstellend und wird bei weiteren Gitarren anders sein.
Für den Hals habe ich ein Mahagoni (Khaya Ivorensis) Brett verwendet.
Das Brett habe ich an einem Ende schrägabgesägt und um 180 Grad gedreht aufgeleimt:
So sah der Hals in einem frühen Stadium aus:
Nach dem Bearbeiten mit Raspeln, Feilen und Schleifpapier hatte er sein vorläufig fast fertiges Stadium (mit Tageslicht Beleuchtung im Garten) erreicht:
Die Kopfplatte besteht aus Ebenholz, ebenso die zugekauften Knebel:
Der Steg wurde aus einem Stück Ebenholz hergestellt und lediglich fein geschliffen mit "Micromesh 12000", nicht lackiert. Die zugekauften Pins für die Saitenbefestigung bestehen ebenfalls aus Ebenholz und tragen Perlmutt Augen. Die Permutt Punkte in den "Mundwinkeln" des Steges wurden später eingefügt.
Die Stegeinlage und der Sattel wurden aus Knochenrohlingen zugesägt, zurecht gefeilt und auf Hochglanz geschliffen, mit dem 12000er Schleifgewebe. Der Steg hat zur Zierde noch eine Einlage aus Permuttimitat bekommen.
Als "Mechaniken" habe ich in diese Gitarre einfache, zugekaufte Ebenholz-Knebel eingebaut. Dazu waren die Löcher vorzubohren und mit der konischen Reibahle fertig zu formen.
Die Gitarre hat einen Saitensatz aus Nylgut bekommen (Aquila 144C Ambra 2000), ein Nylonsaiten-Satz, der versucht den Klang von Darmsaiten nachzubilden.
Alle äußeren Oberflächen wurden mit Schellack lackiert. Alle innen liegenden Oberflächen wurden fein geschliffen und sind unbehandelt.
...werden später beschrieben
Individuelle Varianten von Nachbauten der Nicolas Chappuy Gitarre kosten ab 3000 Euro. Frei wählbar sind Hölzer, Mensurlänge, Griffbrettbreite, Mechaniken (beispielsweise mit Übersetzung, für leiteres und präziseres Stimmen)
Jürgen Wilke, seit April 2020.